Konzentrationsgradienten in verdampfenden binären Tröpfchen, untersucht durch ortsaufgelöste Raman- und NMR-Spektroskopie
Die Verdunstung von Tropfen aus Flüssigkeitsgemischen spielt eine große Rolle in vielen technischen Anwendungen. Wenn wir zum Beispiel eine Wand streichen oder Papier bedrucken, müssen die flüssigen Bestandteile der Farbe verdunsten, während die festen Farbpartikel an der Wand oder dem Papier haften bleiben. Um solche technischen Prozesse besser steuern zu können, verwendet man oft Flüssigkeitsgemische, wobei die einzelnen Flüssigkeiten oft unterschiedlich schnell verdunsten. Das Mischungsverhältnis nach Auftragen der Tropfen verändert sich deshalb mit der Zeit durch die Verdunstung. Durch diese Transportvorgänge entstehen in den Tropfen Konzentrationsgradienten, die besonders in organischen Lösemitteln bisher schwer nachzuweisen waren.
Jetzt ist es Forschenden des Sonderforschungsbereichs 1194 "Wechselseitige Beeinflussung von Transport- und Benetzungsvorgängen“ gelungen, solche Konzentrationsgradienten berührungsfrei mit ortsaufgelöster Kernspinresonanz- (NMR) und Ramanspektroskopie nachzuweisen. Da die Messungen berührungsfrei erfolgen und auch keine chemischen Markersubstanzen dazugegeben werden mussten, konnte das Verdunstungsverhalten weitgehend ohne Störung durch den Messprozess untersucht werden. Die Gemischkonzentration im Tropfen wurde dazu unabhängig voneinander mit zwei Messmethoden untersucht, die auf unterschiedlichen physikalischen Prinzipien beruhen: Bei der NMR-Spektroskopie wird die magnetische Kernresonanz in einem starken Magnetfeld untersucht, während bei der konfokalen Ramanspektroskopie die Molekülschwingungen mit Hilfe eines Lasers gemessen werden.
Das untersuchte Modellgemisch setzt sich aus zwei Alkoholen unterschiedlicher Kettenlägen zusammen. Die beiden Alkohole können mit Hilfe der NMR-Spektroskopie gut unterschieden werden. Bei der Ramanspektroskopie ist es etwas schwieriger die beiden Flüssigkeiten zu unterscheiden. Deshalb wurde eine der Substanzen mit Deuterium markiert. Da Deuterium schwerer als normaler Wasserstoff ist, verändert sich die Schwingungsfrequenz der Moleküle, was die beiden Alkohole auch mit der Ramanspektroskopie sehr gut unterscheidbar macht. In der Publikation von Bell, Kind et al. können die beteiligten Wissenschaftler*innen um Alena Bell und Jonas Kind zeigen, wie sich im Tropfen ein Konzentrationsgradient ausbildet der sich mit der Zeit durch Verdunstung verändert. Mit den beiden ortsaufgelösten Spektroskopiemethoden stehen zwei unabhängige Werkzeuge zur Verfügung, mit denen Konzentrationsänderungen in organischen Lösemitteln gemessen werden können, wie sie z.B. durch Verdunstungs- und Transportvorgänge hervorgerufen werden.
Die Publikation ist das Ergebnis der Kooperation von fünf Teilprojekten des Sonderforschungsbereichs SFB 1194 „Wechselseitige Beeinflussung von Transport- und Benetzungsvorgängen“. Vier dieser Teilprojekte sind an der TU Darmstadt angesiedelt, ein Teilprojekt war am Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz lokalisiert und ist nun am Leibniz-Institut für Polymerforschung in Dresden. Der Sonderforschungsbereich wird seit 2016 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert.